Deutsches Bier in Russland

Nach einer herzlichen Verabschiedung von unserem Gas-(t)geber in Goldap (Polen), sind wir gegen 10 Uhr aufgebrochen. Wir verlassen Polen und fahren heute wieder nach Russland zu den Großeltern. An den Grenzübergängen hatten wir keine Probleme. Das Einzige was uns dieses Jahr auffällt, sind die verschärften Kontrollen. Jedes Mal sind die Grenzbeamter in unserem Auto und wir müssen alle Schränke und klappen aufmachen. Es kann natürlich sein, dass es am großen Auto liegt. In den letzten Jahren waren wir ja nur mit unserem Seat oder dem alten BMW unterwegs. Nach dem Grenzübergang fahren wir in Richtung Gusiev (dt. Gumbinnen) und schauen die Landschaft an. Unendliche Felder, wilde Natur, dazwischen alte deutsche Häuser. Sie wechseln sich mit den neugebauten Häusern ab. Der Unterschied zwischen Arm und Reich ist teilweise enorm. Andere Kultur und auch ganz andere Mentalität. Da wir jedes Jahr hier sind, ist Vieles für Christian schon normal im Vergleich mit ersten Jahren unserer Aufenthalt. Für Anna ist es doch ein Stück Heimat. Die ersten 16 Jahre des Lebens kann man nicht einfach so streichen und will man auch nicht. Bevor wir zu Oma und Opa nach Selenogradsk fahren, machen wir einen Stopp in einer kleinen Stadt Polessk. Wir haben uns spontan mit einem guten Freund verabredet. Anna hat ihn bereits auf dem Weg angerufen, ob er in zwei Stunden Zeit hätte uns zu treffen. Er hat gleich zugesagt.Spontanität ist in Russland etwas ganz normales. In Deutschland muss man das oft mit Vorsicht genießen. Im Grunde genommen ist es etwas Gutes das Mittelmaß zwischen Spontanität und Planung zu finden. Wir scherzen:“ Anna plant jetzt öfter als vorher und Christian ist viel spontaner geworfen“ :-)Wir sind in Polessk angekommen. Unser Freund verspätet sich, aber auch das ist es ganz normal. Wir nutzen die Zeit und Essen zu Mittag. Etwa eine Stunde nach der vereinbarten Zeit, fährt Alexander in einem Transporter auf den Hof. Wir kennen ihn schon lange. Große Freude von beiden Seiten, vertraute Gespräche und er hat uns viel zu zeigen. Alexander mag Kultur und Geschichte des Kaliningrader Gebiets und ist bestrebt diese in die Gesellschaft zu tragen und für die Zukunft zu erhalten. Seine Mutter interessiert sich für die deutsche, ostpreußische Geschichte. Im Jahr 2011 hat er mit seiner Mutter und seinem Bruder ein altes deutsches Haus gekauft. Dieses Haus ist eine alte deutsche Schule gewesen. Zusammen haben sie diese Ruine restauriert und haben das Schulmuseum „Waldwinkel“ daraus gemacht. Seitdem ist das Museum voll mit Besuchern – nicht nur aus Russland, sondern auch aus Deutschland.Heute möchte Alexander uns etwas anderes zeigen und erzählen. Im Jahr 2014 hat er die alte deutsche Brauerei in Polessk (dt. Labiau) gekauft und begonnen dieses Gebäude restaurieren. Wenn er fertig ist will er hier Bier nach dem alten, deutschen Rezept brauen. Jedes Jahr wenn wir Großeltern besuchen, kommen wir vorbei, um seine Fortschritte anzuschauen. In Vergleich zum letzten Jahr hat er eine ganze Menge voran gebracht. Er hat ein Saal des Gebäudes schon fertig restauriert und als Touristikzentrum eingerichtet. Hier ist der zentrale Stützpunkt für Tourismus in der Region Polessk angesiedelt. Es gibt etwa 20 kleinere „Sehenswürdigkeiten“ zu besichtigen und auch die Guides für die Region werden hier ausgebildet. Sein Ziel ist hier eine Sehenswürdigkeit daraus zu machen. Deutsche Bierbrauerei Labiau mit Verkostung und die Besucher sollen auch hautnah erleben wie das Bier gemacht wird.Wir bedanken uns bei Alexander für das spontane, interessante Treffen mit ihm und fahren weiter nach Selenogradsk zu den Großeltern. Hier warten frische Piroschki (Teigtaschen) auf uns und bis zum Gang ins Bett eine gemütliche, häusliche Atmosphäre im Kreise unserer Familie.